Code + Poetry
o8. April – 4. Juni 2o16
DAM Gallery, Berlin
Oft sitze ich vor der Syntax des Statistikprogramms, durchkämme den Dschungel der Zahlen und Buchstaben und hoffe auf ein Ergebnis, das Sinn ergibt. Dass Kodierungen auch einen ästhetischen Sinn ergeben können, zeigt nun die DAM Gallery mit ihrer aktuellen Ausstellung Code + Poetry.
Digitale Kunst
Herzstück Digitaler Kunst sind Daten, Algorithmen, Programme und Codes. Durch Verwendung von Monitor, Beamer, Plotter etc. entsteht daraus ein Werk. Digitale Kunst beginnt jedoch noch früher. Vor dem Hintergrund Konkreter Poesie, kann sogar kodierte Information als solche schon zum ästhetischen Produkt werden.
Pioniere der 1960er
Die ältesten Exponate der Ausstellung stammen von Manfred Mohr aus dem Jahre 1970. Heimcomputer waren damals noch Zukunftsmusik. Mohr, Pionier Digitaler Kunst, überführte trotzdem schon Codes der frühen Programmiersprache Fortran in abstrakte Plotterzeichnungen. Der Begriff Digitale Kunst etablierte sich erst Jahrzehnte später.
Spiel mit klassischen Genres
Wie klassische Malerei zu digitaler Kunst wird, zeigt das niederländische Künstlerpaar Driessen & Verstappen in E-volved Cultures, sucession #3. Auf dem leinwandgroßen Flatscreen sieht der Betrachter zunächst ein Gemälde, das an Abstrakten Expressionismus erinnert. Bei genauerem Hinsehen wird deutlich, wie sich das gesamte Bild prozessual verändert, als würde jemand konstant daran arbeiten – ganz sachte, Detail für Detail. So entsteht im Werk Bild auf Bild ein neues Werk. Endlich ein Bild, an dem man sich nie satt sehen kann.
Auch das Künstlerpaar Sommerer & Mignonneau (dem ein oder anderen bekannt aus dem ZKM Karlsruhe) knüpfen an bestehende Genres an. Life writer ist zunächst eine klassische Installation: Hocker, alter Tisch und antike Schreibmaschine charmant im Raum platziert. Der ästhetische Bruch, der zugleich anziehend wirkt, entsteht durch einen Beamer. Dieser lässt jeden getippten Buchstaben zum Insekt werden, das sich verflüchtigt. Hier wird Poesie sichtbar.
Neben weiteren Künstlern auch vertreten: Die Brüsseler Künstlergruppe LAB(au), deren Arbeiten ich bereits auf der Art Basel bewundert habe. Ihr Objekt orogamiHexa ist eine leise, kinetische Arbeit, wie ich sie gerne mag.
Digitale Poesie. Internationale Künstler. Schlicht und klar kuratiert. Mit einem Galeristen, der gerne Rede und Antwort steht. Fein.
Mit Nerd-Garantie
Außerdem erprobt und garantiert: Die ideale Ausstellung, um Mathematiker-/Informatikerfreunde mitzunehmen. Die Ausstellung vermag es, Kunstliebhaber und Nerds gleichermaßen zu begeistern. Mich eingeschlossen.