psychometrics of art

Was lange währt, wird endlich publiziert. Meine Studie, die ich 2017 durchgeführt habe, ist nach einigen Schleifen Peer Review jetzt im Creativity Research Journal erschienen. Die Studie validierte das Ratinginstrument für zweidimensionale bildnerische Arbeiten (RizbA) an 880 Zeichnungen, Malereien und Collagen von Nicht-Künstler*innen und nicht-professionellen Künstler*innen. Spoiler: Es funktioniert.

erste Seite des wissenschaftlichen Artikels | first page of the journal article

zusammenfassung

Obwohl Kunst schon seit längerem Gegenstand psychologischer Forschung ist, wurde dem Kunstwerk in quantitativer Forschung bislang wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Das Ratinginstrument für zweidimensionale bildnerische Arbeiten (RizbA) schließt diese Lücke und bietet ein Werkzeug zur formalen Bildanalyse. In der aktuellen Studie wurde der Fragebogen an 294 Bildern von 147 Nicht-Künstler*innen und nicht-professionellen Künstler*innen validiert. In einer Onlinestudie im Test-Retest Design wurde das Bildmaterial von 880 (T1) und 475 (T2) Expert*innen aus der Bildenden Kunst unter Verwendung von RizbA bewertet. Statistische Gütekriterien, Hauptkomponentenanalyse (HKA) sowie Indizes der Faktorenähnlichkeit wurden berechnet. Die Diskriminanzfähigkeit des Gesamttests ergibt ein partielles Eta-Quadrat von .28 (T1) und .33 (T2). Die Test-Retest-Reliabilität beträgt .93. Die HKA ergibt eine Acht-Faktoren-Lösung. Die Tucker-Kongruenzkoeffizienten liegen zwischen |0.82| und |1.00|. Die Intraklassen-Korrelationskoeffizienten betragen .81 (T1) und .84 (T2). Die Ergebnisse legen eine Generalisierbarkeit auf nicht-professionelle Kunst nahe. Damit ermöglicht RizbA als erstes reliables Instrument zur Bildanalyse eine genauere Untersuchung von Kunst und ihren Korrelaten.

open access

Wieder einmal stand ich vor dem Dilemma Open Access oder Impact Factor, da es in meinem Feld kaum Journals gibt, die beides erfüllen. Das Konzept Impact Factor ist veraltet und nur bedingt aussagekräftig. Da die Studie Teil meines Promotionsvorhabens ist, bin ich jedoch an Vorgaben der Universität Witten/Herdecke gebunden. Also habe ich mich schweren Herzens für den Impact Factor entschieden. Die ersten 50 Downloads sind über diesen Link kostenfrei. Für danach gehen Grüße raus an Alexandra Elbakyan.

Schoch, K., & Ostermann, T. (2022). Psychometrics of art: Validation of RizbA, a quantitative rating instrument for pictorial expression. Creativity research journal. https://doi.org/10.1080/10400419.2021.1987734

Das Manuskript gibt es als Preprint dauerhaft als Open Access:

Schoch, K., & Ostermann, T. (2021, 4. Mai). Psychometrics of art: Validation of RizbA, a quantitative rating instrument for pictorial expression. SocArXiv. https://doi.org/https://doi.org/10.31235/osf.io/uc9e2

open data

Aufgrund der damals verwendeten Datenschutzerklärung darf ich Bildmaterial und Daten nicht komplett frei zugänglich machen. Beides ist aber auf Anfrage verfügbar und kann für wissenschaftliche Zwecke (z.B. Sekundärdatenanalysen) verwendet werden.

danke

an alle, die diese Arbeit unterstützt haben, insbesondere

  • Thomas Gengenbach für deine theoretische und praktische Unterstützung bei IT, beim Programmieren des Onlinefragebogens sowie bei der Datenstrukturierung
  • Lily Martin und Rebecca Kahn für euer wertvolles Feedback zum Manuskript
  • Julia Wildgans für dein Fachwissen in Sachen Urheber*innenrecht
  • allen Personen, die in meinem Atelier in Berlin sowie an diversen Hochschulen und Universitäten gezeichnet, gemalt und collagiert haben
  • allen Expert*innen der Bildenden Kunst, die sich die Zeit genommen haben, an der Onlinestudie teilzunehmen

creativity research journal

Wie immer gibt es auch Feedback zu Journal, Verlag und Publikationsprozess: Im Gegensatz zu anderen kunstpsychologischen Journals, die das Manuskript ablehnten, weil es nicht-professionelle Kunst zum Gegenstand macht, war das Creativity Research Journal offen für einen weniger elitären Kunstbegriff. Der Peer Review und Publikationsprozess war mit 18 Monaten nicht unüblich, aber auch nicht der schnellste. Kritikwürdig ist die Kommunikation mit Taylor & Francis zu Urheber*innenrechte. Das Onlinesystem bietet Autor*innen explizit die Möglichkeit, Änderungswünsche zum Vertrag einzubringen. Diese habe ich zweimal genutzt. Beide Male dauerte es einige Wochen bis ich als Antwort unkommentiert den identischen Vertrag zurück erhielt. Es macht den Anschein, dass der Verlag es nicht allzu ernst meint Wissenschaftler*innen entgegen zu kommen. Stattdessen wird vom Publikationszwang des Wissenschaftsbetriebs profitiert.

  2 comments for “psychometrics of art

  1. Beate Lang
    08/02/2022 at 22:26

    liebe Kerstin,

    was konntest du jetzt bestimmen oder erkennen an meinen Bildern durch deine Studie?
    oder was hast du beweisen können durch deine neue Bewertung?

    Viele liebe Grüße

    Beate aus Heilbronn

    • kunsthochzwei
      09/02/2022 at 09:36

      Hey Beate, die Studie hat untersucht, ob der Fragebogen gut funktioniert. Das kann man an verschiedenen Kriterien festmachen: Z.B. sollten verschiedene Personen mit dem Fragebogen dasselbe Bild ähnlich bewerten und er sollte zwischen unterschiedlichen Arten von Bildnern unterscheiden. Eine zarte Bleifstiftzeichnung sollte also andere Werte bekommen als eine kräftige Ölmalerei. Und genau das tut das Instrument. Hier gibt’s auch ein Erklärvideo von mir dazu.
      Danke für’s mitmachen bei der Studie! Dein Bild war auch dabei. :)

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