Erwin Wurm
Bei Mutti
15. April – 22. August 2o16
Berlinische Galerie, Berlin
Diättipps
Ich klemme im Narrow House, einer detailgetreuen, gequetschten Nachbildung des elterlichen Hauses Erwin Wurms. Es packt mich Begeisterung, dann Platzangst – bürgerliche Enge. Um in Zukunft noch mehr zu klemmen, nehme ich mir vor Konfektionsgröße 50 zu 54 zu befolgen. In dieser fast konzeptionellen Arbeit weist mir der anleitungsliebende Wurm detailliert auf, wie ich meinen Körperumfang innerhalb von acht Tagen um zwei Größen zu steigern vermag. Wer braucht da bitte noch Frauenzeitschriften?
Publikumsliebling
Allgemeiner Beliebtheit erfreuen sich die One-Minute-Sculptures, für die Wurm auch einige Bekanntheit erlangt hat. Detailgenaue Anweisungen leiten den Besucher ein, unter Verwendung von Alltagsgegenständen abstruse Posen einzunehmen und Handlungen auszuführen, die poetisch wären, wären sie nicht so komisch. Da der Aufforderungscharakter so verführerisch ist, sind sicherheitshalber alle nachfolgenden Arbeiten mit einem „Bitte nicht berühren“ ausgestattet.
Auf Tuchfühlung mit dem Innenfutter einer Damenhandtasche gehe ich gleich zu Beginn. Das endlose Kramen in unendlichen Damenhandtaschen unzähliger Frauen wird hier auf die Spitze gebracht. Außerdem mein großer Favorit:
kühler Kopf
kühle Hand
Kopf und Hand in Kühlschrank
Joint rauchen
Bier trinken
Malträtiert
Mit seinen neuen Arbeiten setzt Wurm die alten Arbeiten sinnig fort. Sie bestehen aus deformierten übergroßen Alltagsgegenständen, die Wurm mit verschiedensten Körperteilen malträtiert zu haben scheint. In Butter weist ein gelblich-weißer Kühlschrank Dellen und Messerspuren auf und wird damit selbst zur Butter.
Prädikat: Daumen hoch
Ein Muss für den humorliebenden Kunstliebenden. Ich jedenfalls habe Erwin Wurm spätestens nach der zweiten Arbeit ins Herz geschlossen. Mehr zur Ausstellung direkt bei der Berlinischen Galerie und im Trailer.
Dank gebührt Erwin, Felix und Thomas.